Am 2. Juli 2023 ist das Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft getreten.
Das Gesetz setzt die seit dem 23. November 2019 geltende „EU-Whistleblower Richtlinie“ in deutsches Recht um und regelt den Schutz von Beschäftigten vor Repressalien, sofern sie Informationen über Fehlverhalten melden oder offenlegen, die sie im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit erlangt haben,
- die strafbewehrt sind,
- die bußgeldbewehrt sind, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient, wobei auch arbeitsschutzrechtliche Mitteilungs-, Erlaubnis-, Prüfungs-, Bestellungs-, Belehrungs-, Dokumentations- und Anzeige-pflichten erfasst sind, sowie
- in zahlreichen sektorspezifischen Bereichen, zu denen etwa Vorgaben zur Produktsicherheit und -konformität genauso gehören wie Vorgaben zum Umweltschutz, zur Lebensmittelsicherheit oder Verstöße gegen für Körperschaften und Personenhandels-gesellschaften geltende steuerliche Rechtsnormen.
Geschützt sind alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Auszubildende, zeitweise Tätigen und Praktikantinnen und Praktikanten. Der Hinweis selbst muss sich auf Informationen über Rechtsverstöße beziehen, die mit Strafen oder Bußgeldern belegt sind und die einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit haben.
Der nach dem Gesetz geregelte Schutz steht hinweisgebenden Personen dann zu, wenn
- die Meldewege eingehalten wurden,
- die hinweisgebende Person im Zeitpunkt der Meldung bzw. Offenlegung hinreichenden Grund zur Annahme hatte, dass die gemeldeten bzw. offen gelegten Informationen der Wahrheit entsprechen und
- die Informationen Verstöße betreffen, die tatsächlich oder – aus Hinweisgebersicht – vermeintlich unter den Geltungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes fallen.
Die Meldung darf weder leichtfertig, noch missbräuchlich oder gar bösgläubig erfolgen.
Zur Meldung werden verschieden Meldemöglichkeiten installiert:
- die interne Meldestelle,
- die externe Meldestelle und
- die Öffentlichkeit.
Das Gesetz verpflichtet Beschäftigungsgeber mit in der Regel zwischen 50 und 294 Beschäftigten bis zum 17. Dezember 2023 interne Meldestellen einzurichten, über die Beschäftigte Verstöße und Missstände melden können. Für Beschäftigungsgeber mit mehr als 249 Beschäftigten besteht eine Pflicht zur Bereitstellung interner Meldestellen bereits ab dem 2. Juli 2023.
Die Einrichtung ist in den vorgenannten Fällen eine gesetzliche Verpflichtung. Die Nichtumsetzung der Vorgaben stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann bußgeldlich mit Geldbuße von bis zu 20.000 Euro geahndet werden. Die nicht fristgerechte Erfüllung wird jedoch erst ab dem 1. Dezember 2023 bußgeldrechtlich sanktioniert.
Daneben ist die Einrichtung externer Meldestellen bei staatlichen Behörden vorgesehen. Das Bundesamt für Justiz fungiert in dieser Hinsicht als externe Meldestelle. Für bestimmte Bereich wie z. Bsp. die Finanzwirtschaft bestehen gesonderte externe Meldestellen. Auch können die Länder für ihre Verwaltungen und Kommunen eigene externe Meldestellen einrichten.
Zur Reihenfolge der Nutzung der Meldestellen gilt, dass Hinweisgeber Verstöße sowohl internen, als auch externen Meldestellen melden können, jedoch soll vorrangig die interne Meldestelle genutzt werden, wenn hierdurch wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und keine Gefahr von Repressalien besteht. Hilft diese nicht ab, soll die externe Meldestelle genutzt werden.
Erst wenn
- ansonsten irreversible Schäden oder eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses drohen oder
- bei vorheriger externer Meldung Repressalien zur befürchten sind,
darf sich der Hinweisgeber direkt an die Öffentlichkeit wenden.
Ansonsten darf die Öffentlichkeit nur dann kontaktiert werden, wenn die externe Meldestelle untätig bleibt. Bei komplexen Sachverhalten liegt eine Untätigkeit bei 3 bis 6 Monaten vor.
Eine gesetzliche Verpflichtung zur Bearbeitung anonymer Hinweise besteht nicht.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat einen Leitfaden zum Hinweisgeberschutzgesetz veröffentlicht, der
- allgemeine Begrifflichkeiten erklärt und die neuen Schutzbestimmungen für Hinweisgeber und
- die Vorgaben für Beschäftigungsgeber zur Errichtung der Meldestellen skizziert, sowie
- Checklisten zur Einrichtung interner Meldestellen und zur Durchführung des Meldeverfahrens enthält.