Konjunkturumfrage der Kreishandwerkerschaft Mitte-Süd

Konjunkturumfrage KH Emsland Mitte-Süd

Sorgen trotz gefüllter Auftragsbücher

Konjunkturumfrage im Handwerk – Appell an Betriebe: Mehr um junge Leute kümmern

Traditionell startet die Kreishandwerkerschaft Mitte-Süd am Jahresanfang eine Konjunkturumfrage bei den Mitgliedsbetrieben. Den Fragebogen hatte sie Ende Dezember 2017 verschickt. Rund 800 Unternehmen wurden angeschrieben.
Im Gespräch mit der Redaktion im Haus des Handwerks erläuterten Hauptgeschäftsführer Horst Hagemann und die beiden Kreishandwerksmeister Andreas Nünemann (Haren) und Georg Kall (Thuine) Einzelheiten des Auswertungsergebnisses.

Gute Auftragslage

Danach schätzen derzeit fast 82 Prozent der Betriebe ihre wirtschaftliche Lage als gut bzw. sehr gut ein, knapp acht Prozent mehr als vor einem Jahr. Bei 31 Prozent der Unternehmen reicht der Auftragsbestand für einen Zeitraum von über acht Wochen, ein Plus von fast fünf Prozent. 80,6 Prozent der Betriebe schätzen, dass die Auftragslage auch in den nächsten drei Monaten weiter gleich oder besser (10,7) sein wird. 74 Prozent, elf Prozent mehr als bei der letzten Umfrage, bejahen die Frage, ob sie auch Lehrlinge einstellen würden. 33 Prozent erklären gleichzeitig, dass sie derzeit allerdings keinen geeigneten Azubi finden würden. Bei der letzten Umfrage war die Zahl ähnlich hoch.

Angesichts der Tatsache, dass die Zahl junger Menschen im Emsland und damit möglicher Bewerber um einen Ausbildungsplatz nach Angaben von Hagemann aufgrund des demografischen Wandels in den nächsten Jahren weiter sinken wird, könnte dieses Problem anwachsen. Ein Hinweis ist die geringere Zahl an abgeschlossenen Ausbildungsverträgen auf etwa 460, ein Minus von acht Prozent.

In diesem Zusammenhang forderte Kall, dass sich die Betriebe noch stärker als bislang um die jungen Leute kümmern müssten. Darauf verwies auch Nünemann, wie sein Kollege Kall Bauunternehmer. Es gehe um Wertschätzung, da sei auch der Betriebsleiter selbst gefordert. Unter den jungen Leuten spricht sich in den sozialen Netzwerken nach Angaben der Gesprächspartner schnell herum, welcher Betrieb sich kümmert und welcher eher weniger.

Verwunderlich auf den ersten Blick ist der deutliche Rückgang der Unternehmen, die die Frage bejahen, ob ihr Unternehmen von einem Fachkräftemangel betroffen sei. Während vor einem Jahr noch 83 Prozent diese Frage bejahten, antworteten mit Ja nun noch 59 Prozent.

Auf die einzelnen Branchen bezogen fällt das Ergebnis der Umfrage aber unterschiedlich aus. So klagen in den Bereichen Elektro und Sanitär, Heizung, Klima (SHK) über 80 Prozent der Betriebe über Fachkräftemangel.

Sprache als Hürde

Die Kreishandwerkerschaft sieht in diesen Zahlen einen Hinweis darauf, dass sich die Betriebe mit der Situation arrangieren würden. „Es ist die Erkenntnis, mit dem, was man hat, auszukommen“, sagte Nünemann. Wenn ein Unternehmen beispielsweise keinen Polier bekomme, versuche es, einen eigenen Mitarbeiter entsprechend weiterzuqualifizieren.

Deutlich zurückgegangen ist laut Umfrage die Bereitschaft zur Ausbildung von Flüchtlingen/Asylbewerbern. Hatten im Vorjahr noch 21 Prozent mit Ja geantwortet, waren es jetzt noch knapp zehn Prozent. Hagemann sprach von einer „Anpassung an die Realität“. Insbesondere fehlende Sprachkenntnisse seien eine Hürde, um eine anspruchsvolle Ausbildung im Handwerk absolvieren zu können. Bei Flüchtlingen komme häufig auch eine mangelnde Bereitschaft zur Ausbildung hinzu. Der Wunsch, über eine ungelernte Tätigkeit schneller Geld zu verdienen, sei größer. Gering Qualifizierte im Handwerk seien aber keine Lösung.
Auf Klima achten

Kommentar von Thomas Pertz
Die Dachorganisation des Handwerks im südlichen und mittleren Emsland weiß, wo sie die jungen Leute abholen soll: auf Instagram zum Beispiel, dem kostenlosen Onlinedienst. Die Plattform wird gerne zum Präsentieren und Teilen von Fotos genutzt. Inzwischen ist dies auch bei Bildern junger Leute möglich, die in diesen Tagen in Lingen bei Lossprechungsfeiern ihre Gesellenbriefe bekommen haben. Das Internet ist ein wichtiges Forum, um Werbung zu machen – auch für attraktive Lehrstellen im Handwerk.

Das gilt allerdings ebenso für Negativwerbung. Junge Leute nutzen Programme wie Whatsapp sicher nicht nur für Verabredungen. Sie können dort auch über den möglicherweise wenig pfleglichen Umgang mit Azubis in der Firma XY klagen und mangelnde Begleitung durch den Chef – mit der Konsequenz, dass Freunden von einer Bewerbung um eine Lehrstelle abgeraten wird. Ein gutes Betriebsklima spricht sich heute in sozialen Netzwerken sehr schnell herum, ein schlechtes ebenfalls.
Die Bedeutung von Wertschätzung im Betrieb heben die Kreishandwerksmeister deshalb zu Recht hervor. Auch mit dieser lässt sich um den künftigen Azubi werben.

Schaubild Fachkräftemangel