Existenzrisiko Familiengründung Junge Tischlermeisterin aus Niedersachsen stößt Gesetzesvorhaben an

Ehrung mit „Werner-Bonhoff-Preis-wider-den-§§-Dschungel“ 2023.

Johanna Röh

Am eigenen Leibe hat Johanna Röh, Tischlermeisterin und Restauratorin im Handwerk aus dem niedersächsischen Alfhausen, erfahren, dass ein schwangerschaftsbedingter Ausfall der eigenen Arbeitskraft für Unternehmerinnen in handwerklichen Berufen zu einer echten Existenzbedrohung werden kann. Denn im Vergleich zu Frauen in abhängiger Beschäftigung gibt es für schwangere Betriebsinhaberinnen keine auch nur annähernd entsprechende Unterstützung. Rasch merkte Frau Röh, dass sie mit dieser Erfahrung nicht allein war, sondern insofern eine Regelungslücke besteht. Mit einer Online-Petition und darin konkret genannten Verbesserungsvorschlägen hat sie in der Bundesregierung das Vorhaben angestoßen, die aktuellen Regeln für eine bessere Lösung und Gewährleistung der Chancengleichheit, zu überarbeiten. Mit ihrem Fall hat Johanna Röh Verbesserungen angeregt, von denen eine Vielzahl anderer Betroffene und damit das Gemeinwohl profitiert. Hierfür wird Johanna Röh heute in Berlin mit dem „Werner-Bonhoff-Preis-wider-den-§§-Dschungel 2023“ ausgezeichnet. Der Preis ist mit 50.000 EUR dotiert.

Johanna Röh ist 35 Jahre jung und Tischlermeisterin und Restauratorin im Handwerk mit Arbeitsschwerpunkt im individuellen Möbelbau. Dass ihre Familiengründung für sie als Selbständige perspektivisch mit finanziellen Einbußen verbunden sein würde, war Johanna Röh grundsätzlich klar. Planbar war für sie jedoch nicht, dass sie faktisch ab Beginn ihrer Schwangerschaft aufgrund starker gesundheitlicher Beschwerden arbeitsunfähig wurde.

Von ihrer Krankentageversicherung erhielt Frau Röh nur einen derart minimalen Betrag, dass ihre laufenden Kosten nicht zu decken waren – nämlich 6,61 EUR / Tag.  Ein unglücklicher Einzelfall? Nein. Frau Röh merkte schnell, dass zahlreiche Unternehmerinnen, vorwiegend in handwerklichen Berufen, ebenfalls betroffen waren. Hierdurch offenbarte sich ein strukturelles Problem: Im Vergleich zu Frauen in abhängiger Beschäftigung gibt es für schwangere Betriebsinhaberinnen keine auch nur annähernd entsprechende Unterstützung. Gerade für Unternehmerinnen in handwerklichen Berufen, die regelmäßig eine körperliche Beanspruchung mit sich bringen und die Gesundheit von werdenden Müttern und ungeborenen Kindern akut gefährden können, fehlte es somit an Regelungen, die eine Chancengleichheit berücksichtigen. 

Mit einer im Frühjahr 2022 initiierten Petition forderte Frau Röh eine Novellierung durch den Bundesgesetzgeber und unterbreitet zahlreiche konkrete, praxisnahe Verbesserungsvorschläge, die schwangere Selbständige insbesondere in handwerklichen Berufen, besser schützt. Mit knapp 112.000 Mitzeichnern fand Frau Röh das Gehör der Bundesregierung, die sich nunmehr um eine Gesetzesänderung, in Anlehnung an die in der Landwirtschaft bestehende Regelung der Betriebshelfer für schwangere Landwirtinnen, bemüht.

Der Fall von Frau Röh zeigt, wie wertvoll das Engagement Einzelner ist, auf bestehende Missstände hinzuweisen und hierdurch Verbesserungen für eine Vielzahl von Betroffenen zu bewirken. Genau diese Impulse befördert die gemeinnützige Werner Bonhoff Stiftung mit ihrem Projekt „Bürokratie-Therapie“.    

Die ausführliche Falldarstellung von Johann Röh ist in der Online-Fallsammlung der Werner Bonhoff Stiftung abrufbar.