Urteil des EuGH vom 17. Mai 2023 zum Widerruf: Verbraucher muss bei firstgerechtem Widerruf nach Vertragserfüllung bei fehlender Information über sein Widerrufsrecht nicht zahlen

Am 17. Mai 2023 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass der Verbraucher für die bereits entstanden Kosten nicht aufkommen muss, wenn keine Belehrung über das Widerrufsrecht erfolgt ist.

Handwerksrecht

Dies gilt selbst dann, wenn Leistungen bereits erbracht sind  (EuGH, Urteil vom 17. Mai 2023 – C – 97/22).

Dem lag der Fall zugrunde, dass ein Unternehmen mit einem Verbraucher einen Vertrag über die Erneuerung der Elektroinstallation seines Hauses geschlossen hatte, ohne dass das Unternehmen den Verbraucher über sein Widerrufsrecht nach Art. 246 a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuches belehrt hat.

Nachdem die Leistung erbracht worden war, zahlte der Verbraucher die entsprechende Rechnung nicht und erklärte fristgerecht den Widerruf.

Der Verbraucher machte geltend, dass das Unternehmen keinen Anspruch auf die Vergütung habe, da es versäumt habe, ihn über sein Widerrufsrecht zu informieren.

Der EUGH urteilte, dass der Verbraucher von jeglicher Verpflichtung zur Vergütung befreit ist. Auch ein Wertersatz aufgrund des durch die handwerkliche Leistung erzielten Vermögenszuwachses ist nicht zu leisten.

Das Widerrufsrecht schützt den Verbraucher in dem besonderen Kontext des Abschlusses des Vertrages außerhalb von Geschäftsräumen, wobei es keine Rolle spielt, ob der Verbraucher den Besuch des betreffenden Unternehmens herbeigeführt habe oder nicht. Nur durch die vollständige Befreiung von einer Vergütungspflicht, so das Gericht, sei das hohe Verbraucherschutzniveau der hier anzuwendenden EU-Richtlinie zu erreichen.  

Bitte beachten Sie daher:

Bei Verträgen mit Verbrauchern, insbesondere beim Abschluss außerhalb Ihrer eigenen Geschäftsräume, gelten besondere Regeln.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat dazu zuletzt im November 2022 sein Praxis Recht „Widerruf bei Verträgen mit Verbrauchern“ aktualisiert und dazu auch entsprechende Muster veröffentlicht. Wir informierten dazu bereits im November 2022 in unseren Infos für Betriebe.

Das jetzige Urteil legt die Rechte der Verbraucher tatsächlich noch etwas weiter aus.

Wir empfehlen:

1. Stellen Sie Ihrem Kunden, bevor Sie mit der Arbeit beginnen, eine Musterbelehrung mit dem Musterwiderrufsformular zur Verfügung.

2. Beginnen Sie möglichst erst nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist mit der Arbeit. Anderenfalls lassen Sie sich eine ausdrückliche Erklärung mit dem Verzicht auf das Widerrufsrecht ausstellen.

3. Dokumentieren Sie alle Schritte, die Sie unternommen haben, um die Anforderungen des Widerrufsrechts zu erfüllen.

4. Schulen Sie Ihre Mitarbeiter, um sicherzustellen, dass sie die Anforderungen des Widerrufsrechts verstehen und umsetzen können.